Valerie und der Priester
– das Projekt

 

Heutzutage suchen Menschen ihren Sinn des Lebens vielfach nicht in Gott, sondern eher in Reisen nach Südamerika oder Asien. Zumindest die meisten von den 20- bis 30-Jährigen, die in Großstädten studieren oder arbeiten. Eine macht das ganz anders. Die junge in Berlin lebende Journalistin Valerie Schönian sucht nicht die große weite Welt, sondern die Provinz. Sie zieht für ein Jahr in eine katholische Kirchengemeinde im Umland von Münster. Sie hat seit Jahren keinen Kontakt zu Kirche und Glaube mehr gehabt und möchte herausfinden, wieso heute noch jemand Priester wird.

 

 

 

Das Projekt „Valerie und der Priester“ will zwei Menschen aus diesen zwei verschiedenen Lebensrealitäten einander begegnen lassen: Großstadt- trifft auf Kirchenwelt, Freiheits- auf Traditionsliebe. Das Konzept: eine Journalistin begleitet einen Priester ein Jahr lang. Sie dokumentiert seinen Alltag und versucht zu verstehen, warum er seiner Berufung folgt. Das Projekt soll eine Brücke bauen zwischen denen, die die katholische Kirche für ein verstaubtes Antiquariat veralteter Ideen halten und denen, die alles für Gott geben, weil ihnen der Glaube so viel gibt. Oder ist es gar nicht so eindeutig?

 

Die Journalistin ist Valerie Schönian, 25 Jahre alt. Der Priester ist Kaplan Franziskus von Boeselager, 38 Jahre alt. Sie lebt in Berlin, verlegt aber ihren Lebensmittelpunkt zwölf Monate lang an den Rand von Münster, wo er arbeitet und lebt. Schönian wird von Boeselagers Gottesdienste besuchen, ihn bei einer Priesterweihe oder Hochzeiten begleiten. Sie ist beim katholischen Weltjugendtag in Krakau dabei, beim Mittagessen, beim Morgengebet, bei seinem Weg zum Steuerberater. Kurz gesagt: bei allem, was seine Arbeit und sein Leben betrifft. Denn neben der katholischen Kirche und dem Priester-Alltag an sich, geht es auch darum, den Priester als Menschen kennenzulernen.

 

Valerie Schönian

Valerie Schönian arbeitet als Journalistin in Berlin. In Magdeburg ist sie geboren und aufgewachsen. Dort hat sie ein katholisches Gymnasium besucht, daher kann sie das Vaterunser aufsagen. Sie wurde konfirmiert, weil ihre Eltern das für eine gute Idee hielten, deswegen spielte sie auch mit 14 mal einen Hirten im Krippenspiel. Das war's dann bald mit ihrem kirchlichen Bezug. Bis jetzt. Die Journalistin gehört zu dieser Mittzwanziger-Generation aus Großstädten, die eher linksliberal und feministisch als gläubig sind, und die Kirchengebäude nur durch die Fensterscheiben ihrer Cafés kennen.

 

"Weder ich noch irgendeiner meiner Freunde hat einen großartigen Bezug zur Kirche", sagt die 25-Jährige. "Deswegen finde ich es so spannend ein Jahr lang diese andere Lebenswirklichkeit, die ja direkt neben meiner stattfindet, kennenzulernen." Selten habe man als Journalistin Zeit, sich während eines so langen Zeitraums einem Thema widmen zu können. Valerie Schönian sagt, ihr gehe es vor allem um den Menschen hinter dem Priester. "Franziskus von Boeselager hätte alles machen können. Aber er hat sich entschieden, Priester zu werden, da war er in meinem Alter. Er hat sich für ein Leben mit Verzicht entschieden. Ich will verstehen, warum."

 

 

Franziskus von Boeselager

Franziskus von Boeselager ist in Wickede (Ruhr) geboren und in Menden im Sauerland  aufgewachsen. Einen Teil seiner Schulzeit verbrachte er in einem benedektinischen Internat in Irland, zurück in Deutschland besuchte er ein Jesuiteninternat, beides hat er sich selbst gewünscht. Nach dem Abitur ging er zur Bundeswehr und reiste anschließend durch Neuseeland. Als er zurückkam, studierte er Betriebswirtschaftslehre in Elmshorn bei Hamburg und Köln. Er sagt, er führte ein normales Studierendenleben, hatte Freundinnen, hing in Bars rum, trank auch mal zu viel Alkohol. Bereits damals spielte die Kirche sowie Seelsorge schon eine große Rolle in seinem Leben; brauchten etwa seine Kommilitonen Unterstützung, weil sie zum Beispiel jemanden verloren hatten, war er da. Mit 26 Jahren beendete er sein Studium. Zur gleichen Zeit sagte er seinen Eltern: „Ich habe mich verliebt.“ Er meinte in Jesus. Seine Kommilitonen suchten sich Jobs und Ehepartner, bekamen Kinder. Franziskus wurde Priester. Er studierte dafür in Bonn, Spanien und Belgien, insgesamt etwa sieben Jahre lang, bis er im Sommer 2013 schließlich im Kölner Dom zum Priester geweiht wurde. Seit September 2014 lebt und arbeitet er in Roxel, einem Ortsteil von Münster. Er teilt sich das Pfarrhaus mit zwei anderen Priestern, die wie er zur geistlichen Gemeinschaft Emanuel gehören.

 

Franziskus von Boeselager macht einerseits bei dem Projekt mit, weil er glaubt, dass es so sein soll. „Ich glaube, dass Gott das von mir möchte. Vernunftsgemäß würde ich sagen, ich mache das nicht. Zu viel Risiko, zu viel Stress“, sagt er. Aber auch, weil er die Idee toll findet: „Es ist etwas ganz Neues. Und vor allem ist das Projekt echt.“ Er hoffe, dass die Leserinnen und Leser verstehen werden: das Projekt, Valerie Schönian, aber auch ihn. „Der Glaube ist ein großer Schatz, der für das Leben Antworten hat. Es wäre schön, wenn das andere entdecken würden.“