Berufe & Lebens formen

Alle Getauften sind berufen, Gott und den Menschen zu dienen und auf ihre Weise dem Beispiel Jesu zu folgen. Manche erkennen ihre Berufung darin, ihre Talente auch in einen Beruf in der Kirche einzubringen, etwa als Pastoralreferentin, als Gemeindereferent oder als Kirchenmusikerin. Wer sich etwa zum Ordensleben berufen fühlt, folgt dem Vorbild Jesu gerade auch in der Ehelosigkeit.

Im Dienst Jesu

„Die Dynamik meiner Berufung ist für mich das freudige und staunende Erschrecken über Gottes persönliche und verlangende Liebe zu mir. Die Jungfrauenweihe bedeutet für mich kein festes Heiligkeitsideal, sondern die schlichte und konsequente Vorliebe für Jesus in allen Dingen. Die Ehelosigkeit ist ein ‚Stachel im Fleisch’, der diesen Anspruch der Total-Liebe in mir wach hält: Ihm gehören, für Ihn ‚auf dem Sprung’ sein, hineinwachsen in die Übereignung des ganzen Lebens an Ihn.“

S. T., Düsseldorf

 

„Vor ein paar Jahren hatte ich noch nicht gedacht, dass die Berufung zur ‚gottgeweihten Jungfräulichkeit’ mein Weg sein würde. (…) Der Begriff ‚Jungfrauenweihe’ war mir erst suspekt. Nun aber habe ich in dieser Lebensform meinen Weg mit Gott und den Menschen gefunden. Anders als in einer Ordensgemeinschaft kann ich in meinem gewohnten Umfeld weiter leben, selbständig für mich sorgen und meinen Beruf ausüben, der für mich ebenfalls Berufung ist. Dies alles ist mir sehr wichtig. Mit dem Stundengebet, der regelmäßigen Schriftlesung, dem Besuch der Heiligen Messe und meiner Reflektion im Bußsakrament habe ich neben dem ‚ganz normalen Alltag’ aber auch meine Sehnsucht gestillt: Meine Sehnsucht, mich Ihm immer wieder hinzuhalten, viel Zeit mit Ihm zu verbringen und ganz mit und für Ihn zu leben. (…) Ich bin zutiefst glücklich über diese Entscheidung.“

Sabine Jasperneite, Wiedenbrück


Geweihte Jungfrau – was ist das?

Die Jungfrauenweihe ist eine besondere Form des gottgeweihten Lebens. Geweihte Jungfrauen (Virgines consecratae) nehmen sich Christus zum Vorbild, weihen ihm ihr Leben und leben das Gelübde der Ehelosigkeit in der Welt. Mit der Weihe sind sie in den „Stand der Jungfrauen“ aufgenommen und durch ein eheähnliches Band mit Christus über den Tod hinaus verbunden. Durch ihre Weihe wird die Frau zu einem Zeichen, das auf die bräutliche und unzertrennliche Liebe der Kirche zu Christus hinweist.

Wo und wie leben sie?

Weltweit gibt es schätzungsweise mehr als 3.000 geweihte Jungfrauen. Sie alle kennzeichnet ihre „Ehelosigkeit um des Himmelsreichs willen“ (Mt 19, 11f). Dabei bedeutet die Weihe weitaus mehr als ein einfaches privates Gelübde. Bei der Weihe verspricht die Kandidatin in die Hand des Diözesanbischofs, sich für immer an Christus zu binden und in eheloser Keuschheit zu leben. Durch die Weihe wird die Lebenshingabe der Frau an Christus von der Kirche öffentlich angenommen und bestätigt. Im Weihegebet wird der Heilige Geist auf die Frau herabgerufen. Er erfüllt die Frau mit der Liebe zu Christus und der Kirche. Bevor der Bund mit Christus besiegelt wird, hat sich die Kandidatin in dieser Lebensform bewährt.

Als äußeres Zeichen tragen geweihte Jungfrauen einen Ring, der ihnen bei der Weihe mit dem Stundenbuch überreicht wird. Sie führen ein intensives geistliches Leben. Es ist geprägt von Stundengebet, Anbetung, Schriftlesung, Eucharistiefeier, Empfang des Bußsakraments sowie Engagement in der Kirche. Geweihte Jungfrauen gehen ihrem normalen Beruf nach, z.B. als Lehrerinnen, Ärztinnen, Managerinnen, Krankenschwestern oder in einem kirchlichen Dienst. Sie sind direkt dem Diözesanbischof zugeordnet und Teil der jeweiligen Ortskirche.

Geweihte Jungfrauen – warum?

„Eine jungfräuliche Seele zu haben, bedeutet, Gott mehr zu lieben als alles Geschaffene oder es um seinetwillen zu lieben.“ (John Henry Newman)

Bereits zur Zeit der Apostel wollten sich Frauen an Christus binden (1 Kor 7,25.34-36; Apg 21,9) und ihm in der Ehelosigkeit nachfolgen. Bald schon gelobten Frauen unterschiedlichen Alters im Rahmen einer öffentlichen Feier, freiwillig und für immer allein für Gott zu leben. Zuerst wohnten diese geweihten Jungfrauen nach der Weihe weiter in ihren Familien oder Häusern, führten ein intensives geistliches Leben und sorgten für die Armen und Kranken in der Gemeinde. Seit dem 5. Jahrhundert geriet der Stand der Virgines immer mehr in Vergessenheit. Erst infolge des Zweiten Vatikanums (1962−65) wurde die Jungfrauenweihe wieder für Frauen zugänglich gemacht, „die in der Welt leben“. Die Berufung der Virgines consecratae zeigt, dass Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen ein eigenständiges Glaubenszeugnis ist, das nicht auf Ordensleute oder Priester beschränkt ist.

 

Der Weg zur Weihe

Um eine Virgo consecrata zu werden, sollte die Kandidatin zwischen 30 und 50 Jahre alt sein, und darf nicht verheiratet gewesen sein oder ein ihrem zukünftigen Stand widersprechendes Leben geführt haben. Der Ortsbischof oder eine von ihm beauftragte Person prüft die Berufung der Interessentin. Er oder sie bespricht mit der Bewerberin die Vorbereitung auf die Weihe sowie ihr künftiges Leben als Virgo consecrata. Die Vorbereitungszeit dauert ein bis drei Jahre. Danach werden die Frauen vom Bischof zur Weihe zugelassen. Der Stand der Virgo consecrata ist eine Einzelberufung. Vor und nach der Weihe pflegen die Frauen unterschiedlich intensiven Austausch miteinander. Einige bilden einen festen Kreis um geistliche Zentren. Bei anderen weiß nur der Bischof um ihre Berufung und Weihe.

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