Pater Dr. Hans Langendörfer SJ

 

P. Dr. Hans Langendörfer SJ ist 67 Jahre alt und 1972 in den Orden
der Jesuiten eingetreten. Seit 23 Jahren ist er der Sekretär der Deutschen
Bischofskonferenz und damit auch Geschäftsführer des Verbandes
der Diözesen Deutschlands.

 

 

P. Dr. Langendörfer, welche Fähigkeiten muss man haben, um Ihre Arbeit erfolgreich ausführen zu können?

P.Langendörfer: Bevor ich meine jetzige Aufgabe übernahm, habe ich in Bonn, der damaligen Hauptstadt, das Foyer der Jesuiten geleitet. Es ging um die überfraktionelle, parteiübergreifende Meinungs- und Urteilsbildung führender Politiker zu Themen der Politik, besonders solchen, die eine hohe ethische Bedeutung hatten. Da habe ich gelernt zuzuhören, zu vermitteln und Gemeinsamkeiten zu identifizieren. Empathie und Talente in den Bereichen Planung, Koordinierung, Kommunikation, Zeitmanagement und vor allem Teamfähigkeit sind für mich wichtig. Auch Geduld, Humor, viel Gelassenheit – aber ehrlich gesagt auch die Fähigkeit, sich zurückzunehmen und nicht in vorderster Reihe stehen zu wollen.

 

Gibt es Wendepunkte, an denen sich Ihre Arbeit als Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz entschieden verändert hat?

P.Langendörfer: Ein Sekretär steht immer in besonders enger Beziehung zum Vorsitzenden der Bischofskonferenz. Drei von ihnen konnte ich unterstützen, Kardinal Lehmann, Erzbischof Zollitsch und Kardinal Marx. Der Wechsel an der Spitze war jeweils deutlich zu spüren: es handelt sich ja um sehr unterschiedliche Persönlichkeiten. Aber, es gibt auch die inhaltlichen Zäsuren: das allmähliche Ausscheiden der Bischofsgeneration, die irgendwie an Konzil und Gemeinsamer Synode (1972-1975) beteiligt war, die Kontroverse um die Schwangerschaftskonfliktberatung und seit 2010 das Missbrauchsthema. Letzteres hat so viele Verwerfungen im Inneren wie in den Außenbeziehungen gebracht, dass das Sekretariat der Bischofskonferenz viel stärker gefordert ist und unter Leistungsdruck steht als früher.

 

Seit Jahrzehnten geht die kirchliche Statistik in unserem Land nach unten. Prognosen für die Zukunft verheißen keine Trendwende. Was macht Ihnen dennoch Hoffnung für die Zukunft der Kirche?

P.Langendörfer: Ich habe immer darauf geachtet, trotz eines ziemlich ambitionierten Kalenders auch geistlich und seelsorglich zu wirken und gemeinsam mit zwei Mitbrüdern eine kleine Personalgemeinde zu betreuen. Und dabei habe ich so viel Glaubenssehnsucht und Suche nach Gott, aber auch Glaubensfreude gefunden, dass ich mich immer wieder sehr beschenkt und gestärkt fühle. Solange wir an der Seite ganz unterschiedlicher Menschen Gott im Alltag entdecken können, wird die Kirche eine Ausstrahlung haben – ganz unabhängig von der Bedeutung ihres gesellschaftlichen, politischen, kulturellen oder caritativen Engagements.

Welche Bedeutung hat die aktuelle Situation der Kirche für das Wirken der Berufungspastoral?

P.Langendörfer: Ich befürchte: keine gute. Das exponierte, auch berufliche Wirken in und zugunsten einer Institution, die ganz ausgeprägt in der Defensive steckt und dramatisch an öffentlicher Akzeptanz verliert, ist ja zunächst einmal nicht besonders attraktiv. Die Berufungspastoral wird da viele Hindernisse aus dem Weg räumen und sehr stark die persönliche Beziehung zu Christus erschließen müssen, die dann motiviert und orientiert.

 

Gab es für Ihre persönliche Berufung und die Entscheidung, Jesuit zu werden, ein auslösendes Erlebnis, eine ausschlaggebende Person?

P.Langendörfer: In der Schule hatten wir einen guten Religionsunterricht. Wir haben Ratzingers „Einführung in das Christentum“ studiert und ich habe die „Orientierung“ – eine schweizer Jesuitenzeitschrift – gelesen. Ich war aktiv in einer ND-Gruppe (Bund Neudeutschland), die einen Jesuiten zum Gruppenkaplan hatte, und arbeitete nach meiner Bundeswehrzeit als studentische Hilfskraft in einem Internat der Minoriten. Ein – wie ich heute sagen würde – Berufungserlebnis ist mit einem Exerzitienkurs verbunden, den ich zu Beginn meines Studiums – damals ganz außerhalb der Theologie und des Ordens – machte.

 

Welche Person hat Sie besonders geprägt?

P.Langendörfer: Natürlich gibt es viele prägende Personen, angefangen von den Eltern und Großeltern. Einen besonderen Dank empfinde ich gegenüber drei meiner Lehrer: Karl Rahner, mit dem ich in München in derselben Wohngruppe lebte; Franz Böckle, der mein Doktorvater und als Moraltheologe ein wunderbarer Vermittler zwischen Theologie und Humanwissenschaften war; und Karl Lehmann, der ganz auf der Linie der Vorgenannten respektvoll, freundlich und neugierig die Kirche mit ihrer Außenwelt verband.

 

Welches Bild sehen Sie, wenn Sie an Berufung denken?

P.Langendörfer: Wenn an ein richtiges, räumliches Bild gedacht ist: unser Noviziatshaus in Münster, wo ich eine sehr glückliche Zeit von zwei Jahren verbringen und tief in die Welt des geistlichen Lebens eindringen durfte.

 

Was sagen Sie einem jungen Mann, der darüber nachdenkt, Mitglied in Ihrer Gemeinschaft zu werden?

P.Langendörfer: Ich würde ihm Mut machen, mit Jüngeren im Orden zusammenzukommen, zu denen ich ja nicht mehr unbedingt zähle… Und Kontakt zu suchen zu den Jesuiten, die gute Orientierungsangebote machen und die Geister zu unterscheiden helfen.

 

Welches ist Ihr Lieblingsgebet?

P.Langendörfer: Beim Beten versuche ich – je älter ich werde, desto mehr – mich ganz einfach in Gottes Gegenwart zu versetzen, ohne viel zu reden; Gott nahe zu wissen. Eine solche Zeit schließe ich, dem Rat des Hl. Ignatius folgend, mit einem Vater Unser und einem Gegrüßet seist du Maria ab. Das finde ich sehr erfüllend.

 

An welchem Ort beten Sie am liebsten?

P.Langendörfer: In einer ganz bestimmten Kapelle: in Berlin-Kladow im dortigen Haus der Jesuiten. Ich habe dort zweimal die Großen Exerzitien gemacht und fühle mich an diesem Ort sehr geborgen.

 

Was tun Sie in Ihrer Freizeit?

P.Langendörfer: Die Freizeit ist für mich jetzt ein Raum abzuschalten und dem andauernden Reden und Denken zu entfliehen. Dementsprechend fülle ich sie mit einem Minimalprogramm: Radfahren am Rhein, Kieser-Training, Musik hören, leichtes Lesen, eine Zigarre rauchen – und fernsehen, was von mir als Mitglied des ZDF-Fernsehrats erwartet wird.

 

Sie können ein Wunder bewirken. Welches wäre es?

P.Langendörfer: Im Laufe der Zeit ist mir unsere Gottesdienstsprache immer mehr zum Problem geworden. Wenn sie über Nacht so verändert würde, dass sie die Herzen der Menschen besser erreicht und dennoch ganz geprägt wäre durch die Tradition und den Glauben, dann wäre das ein tolles Wunder.

 

Worauf fällt es Ihnen schwer zu verzichten?

P.Langendörfer: Auf die Freiheit, die mein Leben begleitet hat: intellektuell, körperlich, geistlich.

 

Ihre Lieblingsinternetseite?

P.Langendörfer: Ich antworte dienstlich:

www.dbk.de

 

Welchen Film würden Sie Ihren Freunden empfehlen?

P.Langendörfer: Filme, die Humor haben und Liebe zeigen für die Menschen. Ich nenne beispielhaft: „Monsieur Claude und seine Töchter“.

 

Welche ist Ihre Lieblingsbibelstelle?

P.Langendörfer: Das Wunder der Brotvermehrung: Gott wirkt durch seinen Sohn – und der bedient sich der Menschen, um das viele Brot auszuteilen. So ist es gut.

 

Mit welchem Heiligen würden Sie gern mal einen Kaffee trinken und warum?

P.Langendörfer: Es gäbe viele. Am spannendsten fände ich es, mal mit der Hl. Edith Stein zusammenzusitzen. Sie verbindet so viele große Themen: Gottsuche und Gottfinden, jüdische und christliche Orientierung, Intellektualität, Ordensleben – und das Martyrium durch die Nazis.

 

Was würden Sie in Ihrem Leben gern noch lernen?

P.Langendörfer: Das Denken, Empfinden und Kommunizieren der jungen Leute – aber das ist eben nicht leicht möglich…