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Hindernisse in der Berufungsklärung

Den eigenen Weg zu finden, ist für viele junge Menschen eine große Herausforderung. Besonders in der Klärung der persönlichen Berufung treten oft Spannungen und Unklarheiten auf.

Ideal-Ich und Real-Ich

Um diese Spannungen besser zu verstehen, ist das Modell vom Ideal-Ich und dem Real-Ich interessant.[1] Wie löse ich diese Spannung, um meiner Berufung ein Schritt näher zu kommen?

Das Ideal-Ich umfasst Werte, Ideale und Sehnsüchte – das, worauf wir unser Leben ausrichten möchten.

Das Real-Ich beschreibt die aktuelle Realität unserer Person: Bedürfnisse, Ängste, Fähigkeiten, Verletzungen und Vorlieben.

Zwischen beiden besteht immer eine Spannung. Sie kann antreiben und wachsen lassen, aber auch blockieren und entmutigen. In der Berufungsklärung geht es darum, sich selbst besser kennen zu lernen und diese Spannung so zu gestalten, dass sie fruchtbar wird – das heißt, Sehnsucht und Realität in einen stimmigen Einklang zu bringen.

Wenn entscheiden schwierig ist

Nachstehend finden sich fiktive Charaktere junger Erwachsener an deren Beispiel mögliche Hindernisse deutlich werden.

Helena

Vor Helena liegt das Leben reich an vielfältigen Möglichkeiten. Ihr Problem ist nicht, dass sie keine Jobangebote hat – sie weiß bloß nicht, welches sie annehmen soll: Seit fünf Jahren hat sie niemals einen Vertrag angenommen, der sie länger als ein Jahr verpflichtet hätte. Denn woher soll sie wissen, was sie eigentlich will?

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Hans-Martin

Hans-Martin lockt die Idee, Priester zu werden, er würde gerne den Menschen etwas von der Nähe Gottes vermitteln. Aber macht das in dieser skandalgeschüttelten Kirche, in der ein Priester nach dem anderen wegen Burnout aufgibt, Sinn? Außerdem ist da noch diese Sehnsucht nach Intimität, die einfach nicht weggeht...

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Susanna

Susanna hat immer davon geträumt, eine Familie mit vielen Kindern zu haben, aber jetzt hat sich in ungeahnter Weise die Möglichkeit aufgetan zu promovieren. Ihre Energie teilt sie zwischen ihrem Schreibtisch und der Sakristei auf: Sie ist in ihrer Pfarrei für die Ministrantinnen und Ministranten verantwortlich. Jetzt ist sie 35 Jahre alt und fragt sich manchmal, ob ihr noch der richtige Mann über den Weg laufen wird.

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Matteo

Matteo hat es geschafft: Ein unbefristeter Vertrag im Landwirtschaftsministerium – wenn er will, kann er bis zur Rente bleiben und hat sogar Aufstiegschancen. Er hat so hart dafür gearbeitet; jetzt wird er sich bald die ersehnte Wohnung mit Gartenanteil kaufen. Und trotzdem geistert ihm immer wieder diese lästige Frage durch den Kopf: War das eigentlich alles oder gibt es noch mehr im Leben?

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Annalisa

Annalisa spürt seit langem einen Ruf zum Ordensleben, aber sie kann einfach nicht die richtige Gemeinschaft finden. Nach Jahren der Suche ist sie müde und frustriert, und außerdem merkt sie, dass sie ihren Beruf, Psychologin, nicht aufgeben möchte.

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Jakob

Jakob hatte vor ein paar Monaten ein ganz starkes Erlebnis und den Eindruck, dass Gott ihn in ein kontemplatives Leben ruft. Seither ist sein Leben durcheinander gewürfelt. Manchmal spürt er große Freude, dann wieder hat er solche Angst, dass er es morgens kaum aus dem Bett schafft. Ihm ist nicht klar, wie es weitergehen soll. Sein Studium hat er erstmal ruhen lassen.

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Mögliche Ansatzpunkte

An Hand dieser Beispiele lassen sich verschiedene Ansatzpunkte erläutern.

Perspektiven öffnen

Mut machen, Fragen stellen, zum Träumen einladen (z. B. bei Matteo).

Realität prüfen

Abwägen, was wirklich gewollt ist, und welche Lebensform(en) mit den eigenen Bedürfnissen, Möglichkeiten und Grenzen erfüllend sein können. Ermutigen, sich mit eigenen Bedürfnissen auseinander zu setzen, sie als Lebensäußerung schätzen und verstehen und ermutigen, einen realistischen Blick auf sich selbst zu bekommen (z. B. bei Annalisa, Hans-Martin).

Sich selbst finden

Raum für Selbstwahrnehmung und Selbstvertrauen schaffen und das eigene Fragen in die Gottesbeziehung mit einbeziehen, sich mit der eigenen Geschichte auseinandersetzen und Räume schaffen, in denen der wohlwollende und liebevolle Blick Gottes auf die eigene Person erfahren werden kann (z. B. bei Helena).

Sich mit Ängsten auseinandersetzen

Eigene Verletzlichkeit zulassen und Vertrauen entwickeln, statt sich abzulenken (z. B. bei Susanna) – das braucht sichere Räume. Gott erfahren als einen, der nicht fordert oder drängt, sondern jeden Weg mitgeht und uns ins Leben ruft.

Mit Blockaden umgehen

Neben der geistlichen Begleitung ermutigen, auch psychologische Unterstützung in Betracht zu ziehen. Dafür sensibilisieren, dass Spiritualität nicht auf alle Fragen und Probleme die angemessene Antwort ist und ermutigen, Schritte in Richtung Heilung und Gesundung anzugehen (z. B. bei Jakob).

Berufungswege sind individuell

Berufungswege sind so individuell wie die Menschen selbst. Der Blick auf Ideal-Ich, Real-Ich und die Art ihrer Spannung kann helfen zu verstehen, wo Hindernisse liegen – und welche nächsten Schritte den Weg in eine stimmige und erfüllte Zukunft ebnen. In der Begleitung ist dabei achtsames Zuhören und Klugheit gleichermaßen gefordert – um gemeinsam auf die Stimme Gottes zu hören, der ins Leben ruft.

Neugierig geworden? [Hier geht es zum Artikel]: „… und was ist mein Weg? Widerstände und Hindernisse in der Berufungsklärung“ von Christine Klimann sa.

[1] Eine gute Einführung in die Theorie Rullas bietet: MEURES, Franz, Sich frei machen von allen ungeordneten Anhänglichkeiten. Ein interdisziplinärer Beitrag zur Anthropologie der ignatianischen Exerzitien, in: Korrespondenz zur Spiritualität der Exerzitien 35 (1985), S. 2-69, bes. S. 30-34.